Tariflohn vs. Durchschnittslohn

Gebäudereinigung, Bau oder öffentlicher Dienst, viele Unternehmen und Branchen zahlen Tariflohn. Tariflohn ist der im Tarifvertrag festgeschriebene Mindestlohn. Unser Beitrag klärt, welche Möglichkeiten Sie für eine Gehaltserhöhung in Firmen mit Tarifbindung haben und welche Voraussetzungen gegeben sein sollten.

Tariflohn vs. Durchschnittslohn

Gehaltserhöhung in Unternehmen mit Tarifbindung/Tarifvertrag

Autor: Dipl.-Wirt.-Inf.
Beitrag aktualisiert: 05.03.2023
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Was ist ein Tarifvertrag?

Ein Tarifvertrag ist ein Vertrag zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeber(n). Darin werden die Rechte und Pflichten der Beschäftigten und des Arbeitgebers geregelt, zum Beispiel Gehälter und Löhne, Sonderzahlungen, Arbeitszeiten und der Urlaubsanspruch.

Ein Tarifvertrag gilt für alle Tarifvertragsparteien, die diesen Vertrag abgeschlossen haben, nämlich die Arbeitnehmer, die Mitglied der Gewerkschaft sind, und die Mitglieder der Arbeitgeberverbände. Viele Arbeitgeber wollen Ihren Beschäftigten keinen Anreiz zum Gewerkschaftsbeitritt bieten und wenden den Tarifvertrag daher auf alle Beschäftigten an.

Entgelttarifverträge sind meist für einen bestimmten Zeitraum abgeschlossen. Während der Laufzeit besteht „Friedenspflicht“. Nach Ablauf oder Kündigung wird der Tarifvertrag durch die Tarifparteien neu verhandelt. Verhandlungspartner sind auf Seiten der Arbeitnehmer die zuständige Gewerkschaft und auf Seite des Arbeitgebers der Arbeitgeberverband oder der Arbeitgeber selbst.

Forderungen umfassen in der Regel Gehaltsanpassungen von Tarifgruppen, Einmalzahlungen, verkürzte Arbeitszeiten oder auch mehr Urlaub. Einigen sich die Parteien, wird ein neuer Tarifvertrag mit einer bestimmten Laufzeit geschlossen.

Vorteile der Tarifbindung

Im Jahr 2018 lag das mittlere monatliche Bruttogehalt in Betrieben mit Tarifvertrag bei 3.900 Euro, in Betrieben ohne Tarifvertrag jedoch nur bei 3.050 Euro. Von dem höheren Gehalt profitieren nicht nur die unteren Lohngruppen, sondern auch höher eingestufte Beschäftigte.

Außerdem punkten Tarifverträge mit Zusatzleistungen: So erfreuen sich 62 Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag über Urlaubsgeld, bei Betrieben ohne Tarifvertrag sind es hingegen nur 39 Prozent. Noch deutlicher fällt der Unterschied beim Weihnachtsgeld aus: 72 Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag erhalten diese zusätzliche Finanzspritze, aber nur 46 Prozent der Arbeitnehmer ohne Tarif. Im Schnitt werden 27 Prozent der Arbeitnehmer mit Tarifvertrag am Gewinn des Unternehmens beteiligt, in Firmen ohne Tarifbindung sind es hingegen nur 19 Prozent der Mitarbeiter.

Gehaltserhöhung trotz Tarifvertrag erwirken

Häufig gilt eine Einstufung nach Tarifvertrag als in Stein gemeißelt. Viele Seiten wollen Ihnen weismachen, dass Sie persönlich keinen Einfluss auf Ihren Lohn oder Ihr Gehalt nehmen können. Das stimmt so jedoch nicht. Im Wesentlichen können Sie Ihr Entgelt über zwei Wege erhöhen:

  • Prämien (als Boni oder als Zulage)
  • eine Erhöhung Ihres Monatsbruttoentgelts

Kennen Sie Ihre Zulagen?

Das Bruttoentgelt ist die Summe aus Ihrem Grundgehalt und einer freiwilligen Zulage, die Ihr Arbeitgeber zahlen kann, aber nicht muss. Sie sollten alle Zulagen kennen, die Ihnen gegebenenfalls zustehen, um ein höheres Bruttoentgelt zu erreichen.

  • Eine Erschwerniszulage wird bei körperlich anstrengender Arbeit gezahlt.
  • Die Leistungszulage gibt es für besondere Ideen oder eine sehr gute Performance. In einigen Betrieben ist die jährliche Einschätzung über eine Ihnen zustehende Leistungszulage vorgeschrieben.
  • Bei Führungsverantwortung haben Sie unter Umständen Anspruch auf eine Funktionszulage.
  • Eine Sozialzulage wird einmalig bei Hochzeiten, Geburten, einem Umzug oder einem Jubiläum gezahlt und trägt daher nicht zu einer permanenten Erhöhung Ihres Entgelts bei.
  • Wenn Ihr Unternehmen sich in einer schwächeren Branche von der Konkurrenz aus der absetzen möchte, kann eine übertarifliche Zulage als Anreiz für Mitarbeiter gezahlt werden.

Besonders die Leistungszulage ermöglicht es Ihnen, Ihr Gehalt auf Dauer signifikant zu erhöhen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, welche Zulagen Ihnen tatsächlich zustehen, können Sie sich an Ihren Betriebsrat wenden.

Sind Sie korrekt eingruppiert?

Bevor Sie sich wegen einer Gehaltserhöhung an Ihren Vorgesetzten wenden, sollten Sie sicherstellen, dass Sie sich in der richtigen Tarifgruppe oder Vergütungsgruppe befinden. Manchmal werden gerade bei der Einstellung von Quereinsteigern fälschlicherweise nicht alle relevanten Abschlüsse, Praktika oder vorherige Stellen als solche anerkannt. In einigen Fällen kann auch eine vorgesehene Höhergruppierung schlicht vergessen worden sein. Wenden Sie sich proaktiv an Ihre Personalabteilung, den Betriebsrat oder auch Ihre Gewerkschaft, um Ihre Einstufung zu überprüfen.

Wechseln kann man in eine höhere Vergütungsgruppe in der Regel mit Veränderung des Aufgabenbereichs oder Verantwortungsbereichs. Innerhalb der Vergütungsgruppe gibt es aber ein „Gehaltsband“ (Gehalt von/bis in dieser Tarifgruppe), in dem sich die Vergütungen für Mitarbeiter bewegen können.

Vergleichen Sie sich

Ermitteln Sie Ihren Marktwert. Hören Sie sich bei Kollegen um, wie viel diese verdienen, in welcher Tarifgruppe sie eingestuft sind und von welchen Zusatzleistungen sie profitieren. Vergleichen Sie außerdem die Gehaltsvorstellungen anderer Unternehmen mit Ihrem eigenen Entgelt.

Gut zu wissen!

Das Entgelttransparenzgesetz verbietet eine geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung. Um sicherzustellen, dass Sie aufgrund Ihres Geschlechts nicht weniger verdienen, können Sie sich an den Betriebsrat wenden und nach dem Verdienst Ihrer Kollegen fragen.

Ein guter Zeitpunkt für Gehaltsgespräche

Wie auch in Betrieben ohne Tarifbindung gilt: Der Zeitpunkt muss passen! Wenn es dem Unternehmen gerade schlecht geht, sollten Sie nicht nach einer Gehaltserhöhung fragen.

Ein guter Zeitpunkt stellt hingegen die Beendigung der Probezeit dar. In vielen Betrieben ist hier ohnehin eine erste Leistungsbeurteilung vorgesehen, aus der sich bei guter Performance ein Leistungszuschlag ergeben kann.

Wenn Sie einen innerbetrieblichen Jobwechsel vollzogen haben oder feststellen, dass sich Ihr Aufgabengebiet deutlich erweitert hat und mit mehr Verantwortung verbunden ist, sollten Sie sich proaktiv nach einer Höherstufung im Tarifvertrag erkundigen.

Auch ein erfolgreich abgeschlossenes größeres Projekt ist ein guter Anlass für eine Gehaltsverhandlung.

Jahresgespräche oder eine „Peerrunde“ sind ebenfalls eine gute Gelegenheit, um eine Gehaltserhöhung anzusprechen. Wenn Sie mit einer guten Leistung punkten konnten, können Sie dies gleich als Argument verwenden. In jedem Fall sollten Sie gute Argumente für eine Gehaltsanpassung mitbringen.

Argumente für eine Gehaltserhöhung

Um eine Gehaltserhöhung zu erwirken, müssen Sie Ihren Marktwert kennen. Vergleichen Sie Ihr Gehalt mit dem von Kollegen und mit Stellenausschreibungen anderer Firmen. Dokumentieren Sie außerdem Ihre Erfolge. Notieren Sie sich besonders erfolgreich abgeschlossene Projekte und Ihre Rolle dabei. Auch E-Mails, in denen Kunden oder Vorgesetzte Ihre Arbeit besonders gelobt und bestätigt haben, gehören in eine solche Leistungsmappe.

Stellen Sie die Gründe, die in Ihren Augen für mehr Gehalt sprechen, kurz und präzise dar. Auch außerberufliches Engagement im Sinne des Unternehmenserfolgs ist extrem sinnvoll und wird manchmal sogar vorausgesetzt.

Alternativen zur klassischen Gehaltserhöhung

Unter Umständen ist für Sie auch eine Alternative zu einer klassischen Gehaltserhöhung interessant. Viele Arbeitgeber lassen sich auf eine solche Variante ein, bei der Ihnen am Monatsende dennoch mehr Geld übrigbleibt. Ihr Arbeitgeber kann sich zum Beispiel an den Betreuungskosten für Ihre Kinder beteiligen oder diese vollständig übernehmen. Auch ein Zuschuss zu den Fahrtkosten ist möglich. Manche Unternehmen bieten Ihren Mitarbeitern eine Gewinnbeteiligung an. Dies ist besonders bei Projektverantwortung ein mögliches Szenario.

Wenn Sie von einem tarifgebundenen Betrieb in einen anderen wechseln, können Sie in der Gehaltsverhandlung um derartige zusätzliche Leistungen bitten. Ihr zukünftiger Arbeitgeber wird wissen, dass Sie mit dem Wechsel in ein anderes Unternehmen wahrscheinlich auch ein höheres Gehalt anstreben. Wenn sich keine höhere Gruppierung erreichen lässt, können Sie auf diesem Wege dennoch mit mehr Geld aus der Verhandlung gehen.

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