Unsere Stimme im Vorstellungsgespräch

Die Stimme eines Menschen entscheidet auch über seinen Karriereweg. Glücklicherweise gibt es einige Übungen, wie etwa Bewerber ihre Stimme und Sprache auf Erfolg trimmen können. Ein Beispiel ist die Post-It-Übung.

Unsere Stimme im Vorstellungsgespräch

Welchen Einfluss hat unsere Stimme auf die Karriere?

Autor: Dipl.-Wirt.-Inf.
Beitrag aktualisiert: 11.02.2021
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Jeder von uns hat das im beruflichen Alltag schon einmal erlebt. Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die bekommen sofort die volle Aufmerksamkeit, wenn Sie in Gruppenmeetings zu sprechen beginnen und ihr Wort scheint mehr Gewicht zu haben, als das anderer. Aber woran liegt das?

Neben inhaltlichen Kriterien, die natürlich auch eine Rolle spielen, liegt das ganz klar an der Stimme eines Menschen und seiner Wortwahl. Man kann sogar allein anhand stimmlicher und sprachlicher Merkmale auf den Charakter und damit auch auf berufliche Eignungen für bestimmte Stellenprofile schließen.

Tiefe Stimmen wirken kompetenter

So werden zum Beispiel Menschen, und das gilt für Frauen und Männer gleichermaßen, mit tiefen Stimmen automatischer ernster genommen. Auch, wer langsam, deutlich und mit kräftiger Stimme spricht, dessen Argumente bekommen mehr Schlagkraft und dessen Aussagen automatisch mehr Gewicht.

Zusammen mit einem Team aus 20 Psychologen, Linguisten und Informatikern hat Psychologe und Sprech-Coach Christian Greb eine Software namens „Precire“ entwickelt, die aufgrund einer 15-minütigen Telefonanalyse allein anhand der Stimme und der verwendeten Worte ein psychologisches Profil eines Bewerbers erstellt. Die Software ist bei einigen Firmen bereits im Einsatz und hilft Personalern dabei, geeignete Kandidaten für eine Position zu finden.

Psychologisches Bewerberprofil mit „Precire“-Software

Für Precire haben wir quantitative und formale Muster psychologischen Kategorien zugeordnet. Dazu haben wir rund 6000 Personen mit traditionellen psychologischen Tests analysiert und die Ergebnisse mit sprachlichen Parametern in Verbindung gesetzt.

hatte Greb in einem Interview dem Züricher „Tages-Anzeiger“ verraten. Die Treffsicherheit der Software für die Einschätzung von Personen liegt nach eigenen Angaben bei 75 bis 80 Prozent.

Wer sich der Wirkung der eigenen Stimme bewusst ist, kann das natürlich auch in einem Vorstellungsgespräch für sich nutzen. Denn es gibt Möglichkeiten, an der Präsenz und „Schlagkraft“ der eigenen Stimme zu arbeiten.

Wer eher mit leiser und gedämpfte Stimme spricht und viele Weichmacher wie „man sollte/müsste" in seine Sprache verpackt wird automatisch als weniger kompetent wahrgenommen.

Die eigene Sprache komplett zu verändern ist ein aufwendiger und langwieriger Prozess. Precire-Entwickler Greb ist aber überzeugt davon, dass schon die Veränderung „kleiner Parameter eine große Wirkung entfalten“ und hat ein paar Ratschläge für alle, die an ihrer Stimme und Sprache arbeiten wollen.

Tipps für eine klare Sprache

  • Negationen vermeiden: Verwenden Sie seltener Begriffe wie „nicht, keine oder nie“, denn solche Worte wecken negative Assoziationen beim Gegenüber. Also besser „Das ist gut“ statt „Das ist nicht schlecht“.
  • Arbeiten Sie mit „Wirkungspausen“: Gerade bei längeren Erklärungen oder Ausführungen ist es sinnvoll, ab und zu eine Pause in den Sprechfluss einzubauen. Das lässt das Gesagte noch etwas nachhallen und hinterlässt dann einen bleibenden Eindruck bei Zuhörer. Die Wirkungspause bietet sich also besonders dann an, wenn Sie etwa im Bewerbungsgespräche eine ihrer Leistungen besonders herausstellen wollen.
  • Unpersönliches und „Weichmacher“ vermeiden: Formulieren Sie klar, eindeutig und persönlich – das wird vom Gesprächspartner als aktiv und zupackend wahrgenommen. Also statt „Jemand/Man könnte/sollte/müsste ... übernehmen“ besser „Wir können dieses Thema gemeinsam ...“.

Die meisten Menschen haben im Laufe ihres Lebens bestimmte Sprachmuster entwickelt, die auch der Persönlichkeit entsprechen. Deshalb ist es schwer, die eigene Sprache komplett umzukrempeln, aber das ist auch gar nicht notwendig. Schon kleinen Änderungen verbessern die eigene Außenwirkung. Greb empfiehlt allen, die an der eigenen Sprache arbeiten wollen, eine regelmäßige Reflexion.

Drei einfache Übungen zur sprachlichen Optimierung

Checken Sie ihre letzten WhatsApp-Posts

Nehmen Sie sich abends ein paar Minuten Zeit und lesen Sie sich ein paar ihrer Nachrichten noch einmal durch. Überprüfen Sie, wie viel unpersönliches, wie viele Weichmacher und wie viele Negationen Sie eingebaut haben. Wer das regelmäßig macht, wird sich mehr und mehr dessen bewusst und vermeidet diese „Fehler“ zunehmend bei späteren Nachrichten.

Nehmen Sie sich einen Zeitungs- oder Magazin-Artikel vor

Lesen Sie den Artikel mit analytischem Blick durch und markieren Sie wieder Unpersönliches, Weichmacher und Negationen. Und dann überlegen Sie sich, wie dieser Artikel auf Sie gewirkt hat. Auch diese Übung schärft den Blick auf die eigenen Sprachmuster und hilft dabei, diese zu verändern und etwas bewusster zu sprechen.

Post-it-Übung

Schreiben Sie zehn positive Worte oder Formulierungen auf jeweils einen Post-it und kleben Sie sich diese auf den Badezimmer-Spiegel. Diese Begriffe gilt es dann, in der täglichen Kommunikation mit dem Team oder dem Kunden anzuwenden. Das ist eine Übung die Sprech-Coach Greb gerne Management-Klienten als Hausaufgabe mit auf den Weg gibt. Denn bewusste Kommunikation und eine bewusste Wortwahl sind insbesondere bei der Motivation eines Teams von großer Bedeutung.

Positive Botschaften, kommen bei den Adressaten auch positiv an und bewirken eine viel bessere Motivation eines Teams. Eine bewusste Kommunikation hilft Ihnen aber auch im Bewerbungsgespräch. Üben Sie ihr Gespräch im Vorfeld, zum Beispiel, indem Sie die Highlights Ihres CVs beschreiben und mit dem Smartphone aufzeichnen. Achten Sie insbesondere auf positiv besetzte Worte und Formulierungen. Hören Sie sich das Gesprochene an und optimieren Sie so lange, bis Sie sich selbst überzeugend finden. Ziehen Sie gerne auch eine Vertrauensperson zurate, die sich ihre Aussagen mit unverstelltem Blick anhört.

Precire-Fragen haben nichts mit der Stelle zu tun

Die Inhalte der Sprach- und Stimmanalyse von Precire, die bei einigen Unternehmen bei der Bewerberauswahl bereits im Einsatz ist, haben übrigens nichts mit der ausgeschriebenen Position oder Firma zu tun.

Die Software zeichnet ein rund fünfzehnminütiges Telefongespräch mit einem Bewerber auf. Dabei werden standardisierte Fragen gestellt wie: „Was haben Sie vergangenen Sonntag gemacht?“ oder „Beschreiben Sie ein schönes Erlebnis, das Sie letzte Woche hatten.“

Anhand der Sprechweise und Wortwahl des Bewerbers erstellt Precire dann ein Persönlichkeitsprofil. Laut den Entwicklern soll das Ergebnis objektiver und genauer sein, als Ergebnisse, die ein gewöhnliches Bewerbungsgespräch liefert.

Kriterien sind etwa Wortwahl, Komplexität der Sätze, Pausen, Sprechflüssigkeit, sprachliche Klarheit oder die Häufigkeit einzelner Wörter. Hinzu kommen Eigenheiten der Stimme wie Höhe und Lautstärke. Daraus entsteht ein Charakterprofil, das den Personalern zeigt, wie kontaktfreudig, ausdauernd, kooperationsbereit oder zielorientiert ein Bewerber ist. Zudem liefert Precire Aussagen darüber, wie teamfähig, extrovertiert, begeisterungs- oder durchsetzungsfähig eine Person ist.

Berühmte Vorbilder

Am meisten lernen lässt sich immer von guten Vorbildern. Greb hat zwei Empfehlungen für wissbegierige und lernwillige Bewerber: den erfolgreichen Fußballtrainer Jürgen Klopp und den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama.

Klopp sei jemand, der sehr direkt und motivierend kommuniziere und es immer wieder schaffe die gesamte Mannschaft durch Herausarbeiten von Gemeinsamkeiten anzutriggern.

Obama schätzt Greb als sehr charismatischen Redner, der durch seine sprachliche Präzision und aussagekräftige Bilder die Zuhörer immer wieder in seinen Bann zieht.

Konkrete Tipps für das Vorstellungsgespräch

Zum Abschluss unserer Exkursion in die Welt der Stimme und Sprache möchten wir Ihnen noch ein paar konkrete Tipps für den Einsatz der Stimme im Vorstellungsgespräch mit auf den Weg geben.

  • Sprechen Sie ruhig
    Schnelles Sprechen wirkt hektisch und Ihr Gegenüber kann Ihnen nicht folgen.
  • Klare und deutliche Ausdrucksweise (Artikulation)
  • Sprechen Sie vorn
    Benutzen Sie den Mund. Durch die Entlastung des Halses wird die Deutlichkeit verbessert.
  • Sprechen Sie in kurzen Sätzen.
  • Benutzen Sie Pausen
    Dadurch können Sie sich konzentrieren und der Gesprächspartner kann das Gesagte verarbeiten.
  • Sinnvolle, abwechslungsreiche Betonung (Modulation)
    Passen Sie die Klangfarbe dem Inhalt der Worte an.
  • Sprechen Sie wichtige Wörter langsamer als gewohnt
    So lassen sich Versprecher vermeiden.
  • Senken Sie Ihre Stimmlage
    Durch Nervosität erhöht sich Ihre Tonlage.
  • Lassen Sie Ihren Gesprächspartner ausreden

All diese Dinge können Sie trainieren. Lassen Sie Ihre Stimme von Freunden und Bekannten beurteilen.

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