Ausstehender Arbeitslohn - Was tun?

Für Arbeit bekommt man Geld! Aber welche Möglichkeiten haben Arbeitnehmer eigentlich, wenn der Arbeitgeber den vereinbarten Arbeitslohn nicht zahlt? In diesem Beitrag finden Sie Informationen und Tipps sowie Musterschreiben als Formulierungshilfe!

Ausstehender Arbeitslohn - Was tun?

Wie reagiert man als Arbeitnehmer auf Zahlungsausfälle des Arbeitgebers – Tipps und Musterschreiben!

Autor: Dipl.-Wirt.-Inf.
Beitrag aktualisiert: 28.06.2020
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Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber vorleistungspflichtig, d.h. erst wenn er seine Arbeitsleistung erbracht hat, besteht auch ein Lohnanspruch. Aber wann wird der Arbeitslohn dann eigentlich gezahlt? Für gewöhnlich wird der Lohn am Monatsende oder im Laufe des Folgemonats fällig. Einzelheiten dazu sind meist im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag festgelegt. Für den Fall, dass vertraglich kein Termin vereinbart ist, wird der Lohn für den aktuellen Monat mit Ablauf des Monats fällig. Gesetzliche Grundlage bildet der § 614 BGB – Fälligkeit der Vergütung.

Die Nichtzahlung des Arbeitslohnes bzw. des Gehalts stellt eine Verletzung der Pflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag dar. Der Arbeitgeber kommt damit laut § 614 BGB unverzüglich in Verzug.

Wie lange kann und sollte man warten, um ausstehenden Lohn einzufordern?

Generell muss der Arbeitnehmer Fristen einhalten, um die Ansprüche nicht zu verlieren. Zwar verjähren Ansprüche laut den gesetzlichen Vorschriften erst nach drei Jahren, der Tarif- oder Arbeitsvertrag kann jedoch vom Arbeitsrecht abweichende Verfalls- und Ausschlussklauseln enthalten. Schauen Sie daher unbedingt in Ihre Verträge! Generell empfehlen wir Ihnen, nicht länger als drei Monate mit der Einforderung zu warten.

Wie geht man nun als Arbeitnehmer mit Verspätungen und Ausfällen um?

Grundsätzlich stehen Ihnen folgende Möglichkeiten bzw. Schritte zur Verfügung:

  1. Mitteilung des Zahlungsausfalls in einem offenen Gespräch
  2. Arbeitgeber schriftlich zur Zahlung auffordern
  3. Recht zur Arbeitsverweigerung (Zurückbehaltungsrecht) wahrnehmen
  4. Zahlung beim Arbeitsgericht einklagen
  5. Fristlose Kündigung mit Schadenersatzforderung

1. Mitteilung des Zahlungsausfalls in einem offenen Gespräch

Zunächst teilen Sie Ihrem Arbeitgeber mit, dass Arbeitslohn fehlt und fordern Ihn auf, den fehlenden Betrag zu zahlen. Dieser Schritt sollte generell der erste sein, der von Ihnen wahrgenommen wird! Schließlich kann es sich bei dem Zahlungsausfall auch um einen ungewollten Fehler seitens der Buchhaltung handeln.

Generell stutzig sollten Sie allerdings werden, wenn der Arbeitgeber Sie hinhalten möchte oder Sie sogar darum bittet, auf die Zahlung (teilweise) zu verzichten. Willigen Sie keinesfalls ein, da dadurch spätere Ansprüche verloren gehen könnten, zum Beispiel infolge der Insolvenz des Unternehmens. Bitten Sie lieber um Bedenkzeit und stimmen Sie das weitere Vorgehen mit einem auf das Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt ab.

Vorsicht auch bei der Vereinbarung zur Stundung! Wenn Sie sich mit dem Arbeitgeber auf eine Stundung der Verbindlichkeiten verständigen, so ist er ab diesem Zeitpunkt mit der Zahlung nicht mehr in Verzug. Die ausstehende Zahlung kann daher auch später nicht vor Gericht eingeklagt werden.

Nachdem Sie den Arbeitgeber auf den Zahlungsrückstand hingewiesen haben (und Sie auch nicht davon ausgehen, dass das Unternehmen Zahlungsschwierigkeiten hat, warten Sie ab, ob der ausstehende Lohn nun überwiesen wird. Für gewöhnlich dauert eine Banküberweisung ein bis zwei Tage. Es kann allerdings auch vorkommen, dass die Überweisung vier oder sogar fünf Tage dauert. Warten Sie daher 1 bis 2 Wochen ab, bevor Sie weitere Aktionen folgen lassen.

2. Arbeitgeber schriftlich zur Zahlung auffordern

Ist der Lohn auch dann noch nicht auf dem Konto eingegangen, fordern Sie den Arbeitgeber schriftlich zur Zahlung auf.

Beispiel Mitteilung ausstehende Lohnzahlungen (Musterschreiben für den Arbeitnehmer)

[Adressdaten des Arbeitnehmers]

[Adressdaten des Arbeitgebers]

Datum, Ort

Ausstehende Lohnzahlungen

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider musste ich feststellen, dass mein Gehalt für den Zeitraum vom … noch nicht gezahlt wurde. Ich bitte Sie daher, den ausstehenden Betrag in Höhe von … € bis spätestens … auf folgendes Konto einzuzahlen:

Name der Bank:
IBAN:
BIC:
Kontoinhaber:

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

3. Recht zur Arbeitsverweigerung (Zurückbehaltungsrecht) wahrnehmen

Wenn Sie für Ihre erbrachte Arbeitsleistung nicht bezahlt wurden, haben Sie mit dem Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB – Zurückbehaltungsrecht) die Möglichkeit, dem Arbeitgeber die Erbringung weiterer Arbeitsleistungen zu verweigern. Mit diesem Recht soll der Arbeitnehmer vor Schaden geschützt werden, der durch die weitere Vorleistung für ihn entstehen würde.

Von dieser Regelung dürfen Sie allerdings keinen Gebrauch machen, wenn:

  • weniger als 1,5 Monatsgehälter ausstehen
  • der Zahlungsausfall nur kurzfristig zu erwarten ist
  • dem Arbeitgeber ein unverhältnismäßig hoher Schaden entstehen würde
  • es bereits Abmachungen gibt, die zur Begleichung der Verbindlichkeiten dienen (Stundung etc.)

Prüfen Sie sorgfältig, ob die Voraussetzungen zur Leistungsverweigerung bestehen. Ist die Arbeitsverweigerung unberechtigt, so kann das zur fristlosen Kündigung führen, was neben dem Verlust des Arbeitsplatzes auch zu einer dreimonatigen Sperrfrist für den Bezug von Arbeitslosengeld führt.

Teilen Sie Ihre Absicht für die Wahrnehmung des Arbeitsverweigerungsrechts dem Arbeitgeber in jedem Fall schriftlich mit. Inhalt des Schriftstücks sind die Höhe der ausstehenden Zahlungen, eine Zahlungsfrist sowie die geplante Arbeitsverweigerung, die folgt, wenn die Frist ergebnislos verstreicht.

Beispiel Mahnung ausstehende Lohnzahlungen (Muster für den Arbeitnehmer)

[Adressdaten des Arbeitnehmers]

[Adressdaten des Arbeitgebers]

Datum, Ort

Ausstehende Lohnzahlungen

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider musste ich feststellen, dass mein Gehalt für den Zeitraum vom … noch nicht gezahlt wurde. Ich bitte Sie daher, den ausstehenden Betrag in Höhe von … € bis spätestens … auf folgendes Konto einzuzahlen:

Name der Bank:
IBAN:
BIC:
Kontoinhaber:

Sollten Sie dieser Aufforderung innerhalb der Frist nicht nachkommen, werde ich von meinem Arbeitsverweigerungsrecht Gebrauch machen.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

Lassen Sie sich den Eingang des Schreibens unbedingt schriftlich bestätigen. Sie können das Schreiben postalisch per Einschreiben mit Rückschein versenden oder sich eine Kopie des Schriftstücks vom Arbeitgeber unterschreiben lassen.

Verstreicht auch diese Frist und möchten Sie nun von dem Recht der Arbeitsverweigerung Gebrauch, teilen Sie dies dem Arbeitgeber ebenfalls schriftlich mit. Der Arbeitgeber darf Ihnen wegen der Arbeitsverweigerung nicht kündigen. Die Ausfallzeit bekommen Sie ebenfalls bezahlt (§ 615 BGB – Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko). Sie sind auch nicht zur späteren Nacharbeit für den Zeitraum der Arbeitsverweigerung verpflichtet.

4. Zahlung beim Arbeitsgericht einklagen

Für Sie als Arbeitnehmer besteht natürlich die Möglichkeit, die Außenstände beim Arbeitsgericht einzuklagen. Außenstände umfassen unter Umständen auch Verzugszinsen und weitere Schadensansprüche.

Mit einem positiven Urteil des Arbeitsgerichts kann die Zwangsvollstreckung gegen den Arbeitgeber eingeleitet werden. Es kann ein Gerichtsvollzieher beauftragt oder das Konto des Arbeitgebers gepfändet werden.

5. Fristlose Kündigung mit Schadenersatzforderung

Ist der Arbeitgeber mit der Zahlung in Verzug geraten, ist für den Arbeitnehmer eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund möglich. Voraussetzung ist hierfür die vorherige Abmahnung (siehe obige Musterschreiben). Empfehlenswert ist auch das Prüfen auf Schadenersatz, der Ihnen infolge der nicht in Anspruch genommenen Kündigungsfrist entsteht (§ 628 BGB – Teilvergütung und Schadensersatz bei fristloser Kündigung). Klären Sie vorher mit Ihrem Arbeitsamt, ob die fristlose Kündigung zu Sperrfristen für das Arbeitslosengeld führt.

Aufgrund der Weitläufigkeit des Themas erhebt dieser Beitrag keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei Gehaltsrückständen (insbesondere bei drohender Insolvenz) empfehlen wir Arbeitnehmern generell, sich umgehend fachkundigen Rat bei einem Rechtsanwalt einzuholen, um keine Rechtsnachteile zu erleiden.

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