Kurzarbeit

Wer zahlt was bei Kurzarbeit? Muss ich Kurzarbeitergeld selbst beantragen? Wie lange geht Kurzarbeit? Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Kurzarbeit

Kurzarbeit – Antworten auf die wichtigsten Fragen

Autor: Dipl.-Wirt.-Inf.
Beitrag aktualisiert: 02.02.2021
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Stellen Sie sich vor, Ihrem Unternehmen bricht ein wichtiger Auftrag weg oder es kommt unverschuldet in wirtschaftliche Schieflage. Plötzlich können die Beschäftigten nicht mehr vollständig mit Arbeit versorgt werden. Einfach die Arbeitszeit kürzen ist nicht möglich. Ebenso wenig können Sie gezwungen werden, Ihren Erholungsurlaub aufzubrauchen. Der letzte Ausweg aus Sicht des Unternehmens ist die betriebsbedingte Kündigung. Wenn sich die Wirtschaftslage Ihrer Firma jedoch wieder bessert, fehlen die freigesetzten Mitarbeiter, die über einen in vielen Jahren aufgebauten Erfahrungsschatz verfügen. Kurzarbeit bietet sowohl für Mitarbeiter als auch für Unternehmen eine echte Alternative, die es ermöglicht, Entlassungen in schwierigen Zeiten zu vermeiden.

Kurzarbeit ist ein Instrument der Bundesagentur für Arbeit, mit dem Zeiten mangelnder Auslastung von bis zu einem Jahr überbrückt werden können, im Ausnahmefall sogar bis zu 24 Monate. Das Unternehmen reduziert in der Kurzarbeitsphase Ihre Arbeitszeit und spart dadurch Personalkosten. Es zahlt nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden.

Natürlich kann Ihnen immer noch betriebsbedingt gekündigt werden – durch die Anwendung von Kurzarbeit ist das aber rechtlich schwieriger.

Ich arbeite verkürzt – verdiene ich auch weniger?

Für Sie ist die verkürzte Arbeitszeit mit einem Verdienstausfall verbunden. Der Verdienstausfall wird aber unter bestimmten Voraussetzungen durch das Kurzarbeitergeld der Bundesarbeitsagentur teilweise ausgeglichen.

Um Sozialversicherungen, wie Krankenversicherung und Rentenversicherung, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Die Versicherungen werden normal weiter versorgt. Auch auf die Berechnung des ALG-1 hat Kurzarbeit keinen Einfluss.

Verschiedene Formen von Kurzarbeit

Es gibt drei Typen von Kurzarbeit

  1. Konjunkturelle Kurzarbeit
    Das Unternehmen kann aufgrund besonderer Ereignisse oder wirtschaftlicher Engpässe nicht alle Mitarbeiter voll beschäftigten. Mit Kurzarbeit sollen Entlassungen vermieden werden.
  2. Saison-Kurzarbeit
    Saison-Kurzarbeit betrifft vorwiegend Betriebe im Baugewerbe, deren Tätigkeiten im Winter heruntergefahren werden (§ 101 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). So werden Entlassungen in den Wintermonaten oder bei schlechtem Wetter vermieden.
  3. Transfer-Kurzarbeit
    Transfer-Kurzarbeit ist eine Übergangshilfe für Arbeitnehmer, deren Arbeitsstellen durch Restrukturierung im Unternehmen gestrichen werden.

Im Folgenden erfahren Sie mehr zur konjunkturellen Kurzarbeit.

Konjunkturelle Kurzarbeit wird von der Agentur für Arbeit für 12 Monate bewilligt, in Ausnahmefällen kann die Kurzarbeit auf 24 Monate ausgedehnt werden (§ 104 Abs. 1 S. 1 SGB III). Es ist zudem möglich, den Antrag auf Kurzarbeit nur für einzelne Abteilungen im Unternehmen zu stellen. So könnte zum Beispiel der Vertrieb weiter in Vollzeit an neuen Aufträgen arbeiten, während die Produktion ruht.

Unternehmen des Öffentlichen Dienstes sind – bis auf Ausnahmen – von der Kurzarbeit ausgenommen. Ansonsten steht Kurzarbeit allen Firmen offen. Es gibt keine Beschränkung auf bestimmte Branchen, Firmengröße oder Unternehmensform.

Kurzarbeit – der Mitarbeiter muss zustimmen!

Kurzarbeit kann nicht einseitig vom Unternehmen angeordnet werden. Besteht ein Betriebsrat, so muss der Betriebsrat zustimmen. Manchmal besteht dazu auch eine Betriebsvereinbarung. Alternativ lohnt sich ein Blick in den Tarifvertrag oder Ihren Arbeitsvertrag.

Gibt es keine Vereinbarung, muss der Betrieb Ihre Zustimmung zur Kurzarbeit einholen. Eventuell kommt der Arbeitgeber in den nächsten Tagen mit einer „Ergänzung zum Arbeitsvertrag“ auf Sie zu, mit der Bitte um Unterschrift. Achten Sie darauf, dass die Ergänzungsvereinbarung nur zeitlich befristet (etwa für 12 Monate) wirksam ist.

Darf ich Kurzarbeit ablehnen?

Sie können der verkürzten Arbeitszeit widersprechen, indem Sie der Ergänzungsvereinbarung nicht zustimmen. Im Sinne auf die langfristige Erhaltung des Arbeitsplatzes und als Signal für die Verbundenheit mit dem Unternehmen sollte man sich das aber genau überlegen.

Kurzarbeitergeld gleicht den Verdienstausfall aus

Sind alle Voraussetzungen für Kurzarbeit erfüllt, kann Sie das Unternehmen in Kurzarbeit setzen – und zwar zwischen 10% und 100% der Arbeitszeit.

Sie erhalten weiterhin die Vergütung für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden – den Kurzlohn. Die Differenz zwischen bisherigem Nettoentgelt und Kurzlohn bekommen Sie durch das Kurzarbeitergeld (KuG) der Arbeitsagentur teilweise ausgeglichen.

Leider gleicht das Kurzarbeitergeld nicht den vollen Verdienstausfall aus. Es werden 60% der Nettoentgelt-Differenz gezahlt. Lebt mindestens 1 Kind im Haushalt erhöht sich der Satz auf 67%. Die Nettoentgelt-Differenz ist die Differenz zwischen Nettoentgeld (SOLL) und Nettoentgeld (IST).

Um dem Mitarbeiter die Kurzarbeit schmackhaft zu machen, ist es möglich, dass der Arbeitgeber Ihnen einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld zahlt. Prüfen Sie eventuelle Vereinbarungen im Hinblick auf Aufstockungen.

Berechnung des Kurzarbeitergeldes (KuG)

Ihr Kurzarbeitergeld können Sie aus den Tabellen der Agentur für Arbeit selbst berechnen.

Grundlage für die Berechnung ist das Bruttoarbeitsentgelt, das Sie ohne den Arbeitsausfall im Kalendermonat bei Vollarbeit erzielt hätten. Gehaltsanpassungen aus dem Jahresgespräch werden eingerechnet, Zusatzleistungen sind ausgenommen.

Beispielberechnung für Kurzarbeitergeld:

Sie verdienen ein Bruttoarbeitsentgelt von 3500 Euro im Monat. Im Haushalt wohnt ein Kind, Sie haben Steuerklasse 1. Ihre Arbeitszeit wird nun durch Kurzarbeit auf 20% gekürzt. Ihr neues Bruttoarbeitsentgelt beträgt daher 700 Euro.

Nun ermitteln Sie aus den Tabellen den Leistungssatz sowohl für das Bruttoarbeitsentgelt (SOLL) als auch für Ihr Bruttoarbeitsentgelt (Ist). Die Differenz ist Ihr Kurzarbeitergeld als netto.

Leistungssatz Bruttoarbeitsentgelt (Soll): 1.496,02 Euro
Leistungssatz Bruttoarbeitsentgelt (Ist): 375,20 Euro

Ihr Kurzarbeitergeld: 1.496,02 – 375,20 = 1.120,82 Euro

Die 1.120,82 Euro bekommen Sie zusätzlich zu Ihrem Verdienst für die tatsächlichen Arbeitsstunden von Ihrem Arbeitgeber überwiesen.

Nebenbeschäftigung während der Kurzarbeit

Natürlich ist es möglich, die freie Zeit zu nutzen, um Ihr Gehalt aufzubessern – etwa mit einem Nebenjob oder einem Nebengewerbe (Selbständigkeit). Die Nebenbeschäftigung hat aber unter Umständen einen Einfluss auf die Höhe des Kurzarbeitergeldes. Ausschlaggebend ist der Zeitpunkt der Aufnahme der Nebenbeschäftigung. Es gilt der erste Abrechnungsmonat vom Kurzarbeitergeld.

Wenn Sie die Nebenbeschäftigung vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld aufgenommen haben, hat Ihr Zusatzverdienst keinen Einfluss auf das Kurzarbeitergeld.

Haben Sie die Nebenbeschäftigung dagegen während des Bezugs von Kurzarbeitergeld begonnen, erhöht die Vergütung das für die Berechnung erforderliche Bruttoarbeitsentgelt (Ist). Es verändert sich die Berechnungsgrundlage des KuG. Praktisch führt die Aufrechnung zu einem Abzug beim Kurzarbeitergeld.

Hinweis zur Nebenbeschäftigung in der Corona-Krise:

Für Zeiten der Corona-Pandemie gibt es eine Sonderregelung. Wird eine Nebenbeschäftigung während der Kurzarbeit aufgenommen und gehört die Nebenbeschäftigung zu einem systemrelevanten Bereich, erfolgt keine Anrechnung auf die Ist-Bemessungsgrundlage. Die Aufnahme der Nebentätigkeit darf aber letztendlich nicht zu einem höheren Verdienst führen, als es bei der Haupttätigkeit der Fall wäre.

Gibt es Kurzarbeitergeld auch für Mitarbeiter in Teilzeit?

Folgende Voraussetzungen gibt es für den Bezug von Kurzarbeitergeld:

  1. Der Antrag auf Kurzarbeit wurde bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt und bewilligt.
  2. Ihre Arbeitszeit wurde zwischen 10% und 100% gekürzt und führt zum Entgeltausfall.
  3. Sie sind versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung.
  4. Ihr Arbeitsverhältnis wurde weder gekündigt noch durch einen Aufhebungsvertrag aufgelöst.
  5. Sie beziehen kein Krankengeld.
  6. Sie haben in die Kurzarbeit eingewilligt.

Wir betrachten insbesondere den Punkt 3, aus dem ein ungekündigtes, sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vorausgesetzt wird. Diese Voraussetzung wird auch von Teilzeitmitarbeitern erfüllt. Mitarbeiter in Teilzeit haben daher Anspruch auf Kurzarbeitergeld – ebenso wie Mitarbeiter mit befristeten Arbeitsverträgen.

Keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben:

  • Geringfügig Beschäftigte (450-Euro-Minijobber)
  • Rentner
  • Auszubildende

Darf ich während der Kurzarbeit Urlaub nehmen?

Ihren Urlaub können Sie auch in Zeiten von Kurzarbeit wie gewohnt nehmen. Sie erhalten für den Urlaubszeitraum den regulären Arbeitslohn. Das Unternehmen möchte mit Kurzarbeit aber gerade diesen Kostenpunkt vermeiden. Daher bietet es sich an, den Urlaub im Gegenzug für einen sicheren Arbeitsplatz auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

Abrufbereitschaft während der Kurzarbeit

Kurzarbeit ist keine unbezahlte Freistellung und auch kein Urlaub. Eine Abrufbereitschaft während der Kurzarbeitsphase ist dennoch nur im gewissen Rahmen möglich. Schließlich könnte es vorkommen, dass der Arbeitgeber zwischenzeitlich einen dringenden Auftrag erhält, der unbedingt abgearbeitet werden muss. Ihr Chef kann Sie dann aus der Kurzarbeit zurückrufen und sofort voll beschäftigen. Der Bezug von Kurzarbeitergeld wird unterbrochen. Eine Rufbereitschaft im herkömmlichen Sinn ist dagegen nicht möglich.

Wird mindestens ein voller Kalendermonat kein Kurzarbeitergeld gezahlt, verlängert sich die Bezugsdauer um den entsprechenden Zeitraum. Kurzarbeit kann mehrfach unterbrochen werden. Wird die Kurzarbeit für mehr als drei Monate zusammenhängend unterbrochen, haben Sie wieder Anrecht auf volle 12 Monate Kurzarbeitergeld.

Also muss ich mich für den Arbeitgeber ständig bereithalten?

Damit die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld erfüllt sind, sollten Sie in der Zeit, in der Sie eigentlich arbeiten müssten, erreichbar sein. Den Zeitraum können Sie Ihrem Arbeitsvertrag entnehmen oder er ergibt sich aus den betriebsüblichen Bedingungen.

Meist reicht es jedoch aus, den Anrufbeantworter täglich einmal abzuhören oder sich mit dem Arbeitgeber vorher abzustimmen. Auch die Agentur für Arbeit muss Sie erreichen können. Sie kann dir nämlich bestimmte Nebentätigkeiten anbieten. Sofern es sich um ein zumutbares Beschäftigungsangebot handelt, dürfen Sie die Tätigkeit nicht grundlos ablehnen. Das würde zu Sperrfristen beim Kurzarbeitergeld führen.

Muss ich für die Kurzarbeit noch etwas selbst beantragen?

Grundsätzlich zeigt der Arbeitgeber die Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit an und beantragt für Sie das Kurzarbeitergeld. Das Unternehmen berechnet auch die Höhe vom Kurzarbeitergeld.

Kurzarbeitergeld und Kurzlohn bekommen Sie vom Arbeitgeber überwiesen. Die Bundesagentur für Arbeit erstattet das Kurzarbeitergeld später direkt an Ihren Arbeitgeber. Sie müssen also nichts zuarbeiten.

Nebentätigkeiten sollten Sie der Bundesagentur für Arbeit rechtzeitig anzeigen. Wenden Sie sich dafür an Ihren zuständigen Mitarbeiter.

Weitere Informationen können Sie dem Merkblatt „Kurzarbeitergeld“ der Bundesagentur für Arbeit entnehmen.

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1 Kommentar

Klein M. schrieb am 7. Mai 2020:

Das ist gut und verständlich geschrieben, aber mich würde mal interessieren, ob man wirklich ständig auf das Telefon bei sich haben muss, wenn der Arbeitgeber anruft.
Bsp.: es ist dem Arbeitgeber bekannt, dass Sie morgen wieder aufmachen und geben aber erst abends ca .20 Uhr bedingt bekannt, dass gearbeitet werden muss. am Nächsten Tag arbeitet ein Teil der Belegschaft, aber weiß nicht, wie Sie morgen arbeiten müssen. Wenn die Belegschaft jetzt wieder spätabends die Info bekommen, dass Sie morgens in aller früh antanzen müssen, ist das rechtens? Es gibt genug Menschen die da schon ins Bett gehen.

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