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Anmeldungsdatum: 23.02.2010
Beiträge: 49
Wohnort: Bautzen
Was will ein Personaler lesen und was nicht? (Teil 4/6)
07.06.2010 00:50
07.06.2010 00:50
Hallo Rat- und Jobsuchender,
gehörst du auch zu den zahlreichen Bewerbern, die sich (noch) in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, dieses aber so schnell wie möglich beenden wollen?
Ich spreche dabei nicht von den Bewerbern, dessen Firma bereits Insolvenz angemeldet hat und deren Arbeitsplatz deshalb nur noch am seidenen Faden hängt.
Die Gründe, warum so mancher Arbeitnehmer seinen relativ sicheren Job aufgeben will, sind sehr unterschiedlich.
Ein sehr häufiger Grund sind gravierende strukturelle Veränderungen, die vor allem mit neuen Inhabern bzw. Eigentümern verbunden sind. Ich selbst hatte das zweifelhafte „Glück“ in nur zwei Jahren drei verschiedene Eigentümer kennen zu lernen, die das Unternehmen gekauft hatten. Die Folge war eine Kündigungswelle seitens der Mitarbeiter, deren Verantwortlichkeiten auf ein Minimum reduziert wurden, weil sie sich auch plötzlich neuen Vorgesetzten anpassen mussten, mit denen sie nicht zurecht kamen.
Auch fehlende Lohn- und Gehaltserhöhungen sowie wenige oder nicht vorhandene soziale Leistungen des Arbeitgebers spielen oft eine große Rolle.
Alles in allem standen sie plötzlich vor der großen Herausforderung, mal wieder eine Bewerbung zu schreiben, mal wieder die eigenen Qualifikationen und Fähigkeiten überzeugend anzupreisen, um den „guten alten“, mittlerweile aber äußerst belastenden Laden schnellstmöglich verlassen zu können.
Diese und ähnliche Situationen (dazu gehört auch das Mobbing) kennt jeder Personaler. Und er wird auch schnell zwischen den Zeilen lesen, was den Bewerber dazu drängt, seinen sicheren Job aufzugeben. Nur, zwischen den Zeilen will er sich das keineswegs ableiten. Sondern er will auch konkret lesen:
Warum will der Bewerber seinen festen Arbeitsplatz verlassen und jetzt bei uns anfangen?
Bei der Kürze des Anschreibens musst du dazu keine ausführlichen Anmerkungen machen. Es genügen in der Regel ein bis zwei Sätze, die es allerdings in sich haben. Denn Ehrlichkeit ist hier einerseits sehr wichtig und andererseits darf der Noch-Arbeitgeber mit keiner Silbe kritisiert werden.
Es ist also eine steile Gratwanderung, die du mit eleganten Formulierungen meistern musst.
Da eben so genannte „Strukturveränderungen“ ganz oben auf der Liste der Wechsel-Gründe stehen, sind diese auch im Anschreiben die häufigsten Begründungen.
Beispiel:
Damit sich das Unternehmen, in dem ich aktuell beschäftigt bin, weiterhin am Markt behaupten kann, war es nötig, dass der neue Eigentümer auch tiefgreifende strukturelle Veränderungen durchführte. Im Zuge dieser Maßnahmen sehe ich nun allerdings, meine ehrgeizigen Berufsziele kaum verwirklichen zu können, wogegen Ihr Unternehmen mir dieses Engagement gewährt.
Im ersten Satz erwähnt der Bewerber den Fakt, der ihn zum Austritt aus diesem Unternehmen bewegt. Im zweiten Satz begründet er seine Entscheidung. Und er „huldigt“ gleichzeitig noch dem Wunsch-Unternehmen, da er sich bei ihm wieder bestens aufgehoben fühlt, um für das Unternahmen mit Engagement die Karriereleiter empor zu steigen.
Das genügt auch. Denn der Personaler hat zu Lesen bekommen, was er will: Dem Noch-Unternehmen keine verderbliche Kritik anzuheften und dem Wunsch-Unternehmen den Wechsel glaubhaft zu begründen.
Etwas anders sind da allerdings die Austrittsgründe wegen Unterbezahlung bzw. fehlender Sozialleistungen geartet. Hier ist noch mehr Fingerspitzengefühl gefragt. Denn die Absage kommt prompt, wenn der Personaler auch nur spürt, dass der Bewerber bei seiner Firma nur deswegen anfangen will, um mehr Geld und eben Sozialleistungen zu kassieren.
Doch ist dieser Grund nahezu ebenso häufig wie „Strukturveränderungen“.
Doch was schreibt man dann, wenn die Karriere durch fehlende finanzielle und materielle Gegenleistungen behindert ist, diese aber im Wunsch-Unternehmen wieder ins rechte Lot gerückt werden kann?
Beispiel:
Ihr leistungsorientiertes Gehaltssystem, bestehend aus Fixum, Provision und Boni, ist für mich ein zusätzlich motivierender Indikator, mein hohes Engagement zur Umsatzsteigerung Ihrer Produkte einzubringen. Denn wenn ich ein klares, ehrgeiziges Ziel vor Augen habe, verfolge ich es auch, um letztlich den Erfolg zu genießen.
Dieses Beispiel ist ziemlich streng auf einen Vertriebsmitarbeiter ausgerichtet, dessen Verkaufserfolge seinen Geldbeutel mehr oder weniger bereichern.
Deshalb ist es auch nur dann zu empfehlen, das Thema Lohn bzw. Gehalt direkt anzusprechen, wenn ein solcher konkreter Sachverhalt vorliegt.
Ansonsten kannst du dich immer auf die Leistungen des Arbeitgebers beziehen, die er in seinem Stellenangebot (auch mehr oder weniger) anführt, wie etwa in diesem Beispiel:
„Als modernes Unternehmen bieten wir berufliche Perspektiven, eine moderne Unternehmensstruktur und ein kooperatives Arbeitsumfeld. Ein leistungsorientiertes Gehalt ist selbstverständlich.“
Dann kannst du deine Gründe für den Wechsel zum Wunsch-Unternehmen zum Beispiel so darlegen:
Weil ich überzeugt bin, in Ihren modernen Unternehmensstrukturen die berufliche Perspektive - auch durch ein ansprechendes kooperatives Umfeld - zu erreichen, die ich anstrebe, können Sie auf mein besonderes Engagement bauen.
Und auch das genügt. Der Satz mit dem „leistungsorientierten Gehalt“ wird nicht erwähnt. Aber der Personaler weiß natürlich, dass du ihn auch gelesen hast. Nur spielt er augenscheinlich nicht die primäre Rolle.
Und weil du dem Personaler bereits mitgeteilt hast, dass du dich über sein Unternehmen auf dessen Webseiten bestens informiert hast (siehe Teil 2), wird ihn dieser Satz auch hohe Glaubwürdigkeit vermitteln.
Wie gesagt, es ist eine spezielle Gratwanderung, wenn du deinem Wunsch-Unternehmen glaubhaft und überzeugend deine Wechsel-Absichten begründen musst. Aber auch das will ein Personaler dann unbedingt lesen.
[Link nur für registrierte Nutzer sichtbar]
Tilo
gehörst du auch zu den zahlreichen Bewerbern, die sich (noch) in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, dieses aber so schnell wie möglich beenden wollen?
Ich spreche dabei nicht von den Bewerbern, dessen Firma bereits Insolvenz angemeldet hat und deren Arbeitsplatz deshalb nur noch am seidenen Faden hängt.
Die Gründe, warum so mancher Arbeitnehmer seinen relativ sicheren Job aufgeben will, sind sehr unterschiedlich.
Ein sehr häufiger Grund sind gravierende strukturelle Veränderungen, die vor allem mit neuen Inhabern bzw. Eigentümern verbunden sind. Ich selbst hatte das zweifelhafte „Glück“ in nur zwei Jahren drei verschiedene Eigentümer kennen zu lernen, die das Unternehmen gekauft hatten. Die Folge war eine Kündigungswelle seitens der Mitarbeiter, deren Verantwortlichkeiten auf ein Minimum reduziert wurden, weil sie sich auch plötzlich neuen Vorgesetzten anpassen mussten, mit denen sie nicht zurecht kamen.
Auch fehlende Lohn- und Gehaltserhöhungen sowie wenige oder nicht vorhandene soziale Leistungen des Arbeitgebers spielen oft eine große Rolle.
Alles in allem standen sie plötzlich vor der großen Herausforderung, mal wieder eine Bewerbung zu schreiben, mal wieder die eigenen Qualifikationen und Fähigkeiten überzeugend anzupreisen, um den „guten alten“, mittlerweile aber äußerst belastenden Laden schnellstmöglich verlassen zu können.
Diese und ähnliche Situationen (dazu gehört auch das Mobbing) kennt jeder Personaler. Und er wird auch schnell zwischen den Zeilen lesen, was den Bewerber dazu drängt, seinen sicheren Job aufzugeben. Nur, zwischen den Zeilen will er sich das keineswegs ableiten. Sondern er will auch konkret lesen:
Warum will der Bewerber seinen festen Arbeitsplatz verlassen und jetzt bei uns anfangen?
Bei der Kürze des Anschreibens musst du dazu keine ausführlichen Anmerkungen machen. Es genügen in der Regel ein bis zwei Sätze, die es allerdings in sich haben. Denn Ehrlichkeit ist hier einerseits sehr wichtig und andererseits darf der Noch-Arbeitgeber mit keiner Silbe kritisiert werden.
Es ist also eine steile Gratwanderung, die du mit eleganten Formulierungen meistern musst.
Da eben so genannte „Strukturveränderungen“ ganz oben auf der Liste der Wechsel-Gründe stehen, sind diese auch im Anschreiben die häufigsten Begründungen.
Beispiel:
Damit sich das Unternehmen, in dem ich aktuell beschäftigt bin, weiterhin am Markt behaupten kann, war es nötig, dass der neue Eigentümer auch tiefgreifende strukturelle Veränderungen durchführte. Im Zuge dieser Maßnahmen sehe ich nun allerdings, meine ehrgeizigen Berufsziele kaum verwirklichen zu können, wogegen Ihr Unternehmen mir dieses Engagement gewährt.
Im ersten Satz erwähnt der Bewerber den Fakt, der ihn zum Austritt aus diesem Unternehmen bewegt. Im zweiten Satz begründet er seine Entscheidung. Und er „huldigt“ gleichzeitig noch dem Wunsch-Unternehmen, da er sich bei ihm wieder bestens aufgehoben fühlt, um für das Unternahmen mit Engagement die Karriereleiter empor zu steigen.
Das genügt auch. Denn der Personaler hat zu Lesen bekommen, was er will: Dem Noch-Unternehmen keine verderbliche Kritik anzuheften und dem Wunsch-Unternehmen den Wechsel glaubhaft zu begründen.
Etwas anders sind da allerdings die Austrittsgründe wegen Unterbezahlung bzw. fehlender Sozialleistungen geartet. Hier ist noch mehr Fingerspitzengefühl gefragt. Denn die Absage kommt prompt, wenn der Personaler auch nur spürt, dass der Bewerber bei seiner Firma nur deswegen anfangen will, um mehr Geld und eben Sozialleistungen zu kassieren.
Doch ist dieser Grund nahezu ebenso häufig wie „Strukturveränderungen“.
Doch was schreibt man dann, wenn die Karriere durch fehlende finanzielle und materielle Gegenleistungen behindert ist, diese aber im Wunsch-Unternehmen wieder ins rechte Lot gerückt werden kann?
Beispiel:
Ihr leistungsorientiertes Gehaltssystem, bestehend aus Fixum, Provision und Boni, ist für mich ein zusätzlich motivierender Indikator, mein hohes Engagement zur Umsatzsteigerung Ihrer Produkte einzubringen. Denn wenn ich ein klares, ehrgeiziges Ziel vor Augen habe, verfolge ich es auch, um letztlich den Erfolg zu genießen.
Dieses Beispiel ist ziemlich streng auf einen Vertriebsmitarbeiter ausgerichtet, dessen Verkaufserfolge seinen Geldbeutel mehr oder weniger bereichern.
Deshalb ist es auch nur dann zu empfehlen, das Thema Lohn bzw. Gehalt direkt anzusprechen, wenn ein solcher konkreter Sachverhalt vorliegt.
Ansonsten kannst du dich immer auf die Leistungen des Arbeitgebers beziehen, die er in seinem Stellenangebot (auch mehr oder weniger) anführt, wie etwa in diesem Beispiel:
„Als modernes Unternehmen bieten wir berufliche Perspektiven, eine moderne Unternehmensstruktur und ein kooperatives Arbeitsumfeld. Ein leistungsorientiertes Gehalt ist selbstverständlich.“
Dann kannst du deine Gründe für den Wechsel zum Wunsch-Unternehmen zum Beispiel so darlegen:
Weil ich überzeugt bin, in Ihren modernen Unternehmensstrukturen die berufliche Perspektive - auch durch ein ansprechendes kooperatives Umfeld - zu erreichen, die ich anstrebe, können Sie auf mein besonderes Engagement bauen.
Und auch das genügt. Der Satz mit dem „leistungsorientierten Gehalt“ wird nicht erwähnt. Aber der Personaler weiß natürlich, dass du ihn auch gelesen hast. Nur spielt er augenscheinlich nicht die primäre Rolle.
Und weil du dem Personaler bereits mitgeteilt hast, dass du dich über sein Unternehmen auf dessen Webseiten bestens informiert hast (siehe Teil 2), wird ihn dieser Satz auch hohe Glaubwürdigkeit vermitteln.
Wie gesagt, es ist eine spezielle Gratwanderung, wenn du deinem Wunsch-Unternehmen glaubhaft und überzeugend deine Wechsel-Absichten begründen musst. Aber auch das will ein Personaler dann unbedingt lesen.
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Tilo